Broschüre Über den Berg. Selbsthilfe und Nachbetreuung bei traumatischen Ereignissen

Seit kurzem haben wir das Wissen, die Symptome eines Psychotraumas zu erkennen und einzuordnen.  Wir wissen jetzt auch, wie wir einer Person, die infolge eines Vorfalles emotional verwundet ist, am besten helfen können. Meistens ist für das Erkennen und die Hilfeleistung keine professionelle Hilfe – durch einen Psychologen oder Psychotherapeuten – notwendig. Kollegen, Leidensgenossen und nächste Angehörige können als erstes Fangnetz fungieren, wodurch andere Hilfe oft unnötig wird. Unterstützung von Kollegen, Leidensgenossen und nächsten Familienangehörigen hilft in dieser Phase sogar mehr, da nur sie bieten können, was Betroffene in erster Linie und am meisten benötigen: echte Verbundenheit und Anteilnahme.

Die Broschüre Über den Berg enthält Richtlinien für Hilfe seitens Laien und kann zugleich als Richtschnur für die Selbsthilfe dienen. Sie beschreibt, welche Ereignisse ein Trauma verursachen können, welches die normalen Reaktionen auf ein Trauma sind, wann professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden sollte und auch was das soziale Umfeld tun und lassen sollte, um einem Betroffenen zu helfen bzw. ihn zu unterstützen.

Wenn der Beruf zum Alptraum wird

’Auf einmal hört das Herz von Herrn T. auf zu schlagen. Meine Kollegen und ich halten den Atem an, und auch unsere Herzen stehen still.  Ich hoffe, dass die Reanimation gelingt,  aber ’Er ist tot’, schießt es mir durch den Kopf. Er hat zu viel  Blut verloren.’

‘In dem Augenblick, da ich das Schwesternzimmer verlasse, greift mich der psychotische Patient sofort an. Ich  erinnere mich sogleich, dass er mir morgens erklärt hat, er müsse mich ermorden, damit die Welt dann wieder gerettet wird.  Er versucht mich umzuwerfen und mir eine Radioschnur um den Hals zu legen. Ich versuche mich zu verteidigen und wehre mich mit aller Kraft. ’

‘ Wochenlang quälten mich Alpträume. Es war etwas sehr Bedrohliches, nahm aber nie Gestalt an, so dass ich es hätte fassen können.’

Für die in der Pflege Tätigen sind Ereignisse, die sich auf der Schwelle zwischen Leben und Tod abspielen, häufig ganz normale Aspekte ihrer beruflichen Realität. Sie werden mit Ereignissen wie körperlichen oder geistigen Krankheiten, Selbstmorden, qualvollen Schmerzen konfrontiert, mit misslungenen Reanimationen, ernsten pflegerischen Fehlern und persönlichem Leid, die anderen Menschen selten begegnen.  Daraus wird häufig fälschlicherweise abgeleitet, dass Krankenschwestern und -pfleger ›immun‹  gegen psychische Belastungen seien.

Sie haben jedoch berufsbedingt ein erhöhtes Risiko, mit einem traumatischen Erlebnis konfrontiert zu werden, das heißt, mit einem so einschneidenden Ereignis, dass es ihre Psyche verwunden kann (Trauma = Wunde). Die Folgen eines derartig ›unmenschlichen‹ Vorfalls können sowohl das Befinden als auch die weitere Fortsetzung der Arbeit beeinträchtigen.